Mein Abend mit Lahav Shani

Boykott gegen einen israelischen Künstler

Gestern Abend (05.11.2025) habe ich ein von Lahav Shani dirigiertes Konzert des Israel Philharmonic Orchestra in der Kölner Philharmonie besucht. Lahav Shani 2024 at Philharmonie de Paris Es gab Beethovens fünftes Klavierkonzert mit Yefim Bronfman am Piano und Tschaikowskys fünfte Sinfonie. In den Wochen zuvor hatte ich in den Medien den Skandal um die Absage eines Auftritts von Shani mit den Münchner Philharmonikern durch das ‚Festival van Vlaanderen‘ in Gent verfolgt. Der Vorwurf lautete, Shani habe sich nicht eindeutig von der israelischen Kriegsführung im Gaza-Krieg distanziert. In der deutschen Öffentlichkeit wurde daraufhin der Vorwurf des Antisemitismus laut, unter anderem durch Kulturstaatsminister Wolfram Weimer und den Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein. Mir ist bei einer inflationären Verwendung dieses Begriffes nicht wohl, da man so Gefahr läuft, diese zweitausend Jahre alte toxische und für die Juden auf schreckliche Weise folgenreiche Ideologie verbal zu entschärfen. Dennoch missbillige ich die Ausladung von Shani. Als ich gestern Nachmittag sah, dass es noch eine Handvoll Tickets gab, habe ich kurzentschlossen zugegriffen. Ich wollte ein Statement machen, so wie drei Wochen zuvor durch den Besuch eines Konzerts mit dem propalästinensischen Aktivisten Michael Barenboim. Es gab übrigens auch an beiden Abenden wunderschöne Musik zu hören.

Wider den Bekenntniszwang

Überzeugend fand ich in diesem Meinungsstreit die Stellungnahme von Deniz Yücel, der betont, dass Lahav Shani nichts Verwerfliches gesagt hat, sondern nur ein gefordertes Bekenntnis nicht erbracht hat. PEN Berlin, dessen Mitglied Yücel ist, schreibt in einer Pressemitteilung vom 11. September 2025 : Meinungsfreiheit ist nicht nur das Recht, sich frei und ohne Furcht vor Repressalien zu äußern; sie beinhaltet auch das Recht, sich nicht äußern zu müssen. Bekenntniszwang ist ein Merkmal autoritärer und erst recht totalitärer Regime. Künstler:innen Bekenntnisse abzuverlangen, verstößt gegen das Grundrecht auf Meinungsfreiheit, wie es das Prinzip der Trennung von Kunst und Künstler:innen missachtet.

 


https://www.3sat.de/kultur/kulturzeit/deniz-yuecel-im-gespraech-ueber-die-ausladung-der-muenchner-philharmoniker-100.html