Was ist: Islamophobie

Anti-IslamismIslamophobie zählt zu den Phänomenen Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.

Definition

Als Islamophobie bezeichnet man die Feindseligkeit gegenüber Menschen, die als „Moslems“ eingestuft werden, sowie deren kategorische Abwertung und Benachteiligung. Daneben existieren die konkurrierenden Bezeichnungen und Konzepte Islamfeindlichkeit, Muslim(en)feindlichkeit und antimuslimischer Rassismus, die unterschiedliche Schwerpunkte und Wertungen bei der Betrachtung des Phänomens setzen.

Abgrenzung zu Islamkritik

Ich verwende den Begriff Islamophobie, weil er in diesem Themenfeld der etablierteste Begriff ist. Nicht gemeint ist hier Islamkritik im Sinne von Religionskritik, die an Grundlagen, an kulturellen Traditionen und sozialen Normen des Islams geübt wird. Islamkritik ist vollkommen legitim – wie auch zum Beispiel Kritik am Christentum oder am Marxismus. In einer liberalen pluralistischen Demokratie ist die Kritik an Religion genauso schützenswert wie die Ausübung von Religion.

Wenn aber in den Medien die islamophobe Äußerungen als „islamkritisch“ bezeichnet werden, so ist dies irreführend, denn geht es dabei nicht um die kritische Beschäftigung mit Religion, sondern darum, mithilfe des Feindbildes „Islam“ Angst, Hass und Vorurteile gegen Menschen zu schüren.

Islamophobie in Deutschland:

Seit Beginn des neuen Jahrtausends haben in Deutschland Publikationen und Organisationen großen Anklang gefunden, die sich – oft in obsessiver Weise – dem Kampf gegen eine vermeintliche Islamisierung Deutschlands und Europas widmen. Unter den Online-Alternativmedien ist hier vor allem der Blog „Politically Incorrect“ hervorzuheben, der seit Jahren kontinuierlich hohe Klickzahlen aufweisen kann.

Thilo Sarrazin - Deutschland schafft sich ab. Cover.pngSeit dem Jahr 2010 hat der Bestsellerautor Thilo Sarrazin  mit einer Reihe muslimfeindlicher Veröffentlichungen ein großes Publikum gefunden. Seine Grundthese ist, dass der Islam den Fortschritt behindere und die gesellschaftliche Entwicklung bedrohe. Um seine Thesen zu stützen, trägt er in seinen Büchern aufwendig „Fakten“ und Statistiken zusammen und wirft sich in die Pose eines Verkünders unerwünschter Wahrheiten.

Hatte sich in den achtziger und neunziger Jahren Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit noch überwiegend als „Ausländerfeindlichkeit“ manifestiert, so wurden die Ressentiments nun auf Menschen mit Herkunft aus muslimischen Ländern gelenkt. Die Folge ist, dass viele dieser Menschen, auch diejenigen, die sich bislang eher als Deutsche verstanden, wieder mehr in die Communities zurückweichen. Besorgte „Experten“ können sich bestätigt fühlen und auf die Tendenz zu Parallelgesellschaften verweisen.

PEGIDA Demo DRESDEN 25 Jan 2015 116227104Ab 2014 hat von Dresden ausgehend  die rechtspopulistische Pegida-Organisation  bundesweit großes Echo und in einigen deutschen Städten örtliche Nachahmer gefunden.

 

AfD-Logo-2017Die mit Abstand erfolgreichste rechte Partei in der Bundesrepublik ist die AfD. Sie entstand unter dem Zeichen des Protests gegen die Eurorettung, verwandelte sich dann aber schnell in eine Anti-Immigrationspartei, die mit dem Schüren von Vorurteilen Ängste schürt und Stimmung gegen „den Islam“ macht. Um in der öffentlichen Diskussion präsent zu bleiben, nutzt die AfD gezielt das Mittel der verbalen Provokation („Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner“).

Gegen wen richtet sich Islamophobie?

Islamophobie ist eines der Symptome Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Es geht dabei um das Aussondern einer Gruppe von Menschen nach bestimmten Merkmalen, um diese zu diskriminieren und gegen sie Stimmung zu machen. Betroffen wären laut amtlichen Statistiken circa 3,8 bis 4,3 Millionen Muslime.  Man kann aber davon ausgehen, dass von den Einwanderern aus muslimischen Ländern und deren Nachkommen möglicherweise nur circa die Hälfte tatsächlich praktizierende Muslime sind. Islamophobie macht diesen Unterschied nicht. Es geht um Aversion und auch Hetze gegen Menschen, die aus verschiedenen Gründen zum Islam in Bezug gesetzt werden, sei es wegen der Religion, der kulturellen Identität oder schlicht der Herkunft. In besonderem Maße sind Frauen Zielscheibe islamophoben Verhaltens, da sie durch ihre Kleidung leichter als „andersartig“ zu identifizieren sind. Symbolischen Wert erhalten in der Öffentlichkeit Kampagnen gegen Moscheen und Minarette.

Um zur Zielscheibe islamophober Angriffe zu werden, muss man nicht Moslem sein, wie sich am Beispiel der Journalistin Dunja Hayali zeigt. Hayali ist Deutsche und Christin, die Eltern waren aus dem Irak eingewandert.  Die Hassbotschaften, die sie ständig erhält, beinhalten die ganze Bandbreite von Beschimpfungen gegen Muslimas. (s. Link S. 35 ff.)

Islamophobie und Antisemitismus

Extreme Rechte sind in der Regel gleichermaßen islamophob und antisemitisch. Manche Vertreter islamophober Strömungen behaupten aber neuerdings parallel zu ihrer Agitation gegen „Islamisierung“ eine besondere Parteinahme für Juden und den Staat Israel. Dabei ähneln sich Diskriminierungsstrategien gegen Juden und „Moslems“ teilweise aber sehr, wie zum Beispiel das kollektive Verantwortlichmachen für Handlungen von Staaten, Interessengruppen oder Individuen. Die  vorgeschobene Juden- und Israelfreundlichkeit von Rechtspopulisten kann in der Regel bei näherer Prüfung leicht als substanzlos oder rein instrumentell entlarvt werden. Auch die Berufung konservativer Politiker auf eine angebliche „jüdisch-christliche“ Tradition Europas muss als ein propagandistischer Kunstgriff gewertet werden. Wo die „jüdisch-christlichen“ Werte Europas bemüht werden, wird den Muslimen in Europa signalisiert, dass sie nicht dazu gehören (s. Link S. 49) – so wie auch das „christliche Abendland“ in der Vergangenheit immer darauf bestanden hat, dass die Juden nicht dazugehören.


Zum Thema:

https://www.vielfalt-mediathek.de/mediathek/6109/antimuslimischer-rassismus-ursachen-und-erscheinungsformen.html

http://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/180774/islamfeindlichkeit-islamophobie-islamkritik-ein-wegweiser-durch-den-begriffsdschungel

Muslimfeindlichkeit begegnen. Ein Infofilm zu Muslim- und Islamfeindlichkeit (Bundeszentrale für politische Bildung)

http://www.bpb.de/lernen/projekte/270414/verschwoerungstheorie-islamisierung Verschwörungstheorie „Islamisierung“

Krüger, Karen: Eine Reise durch das islamische Deutschland, Berlin 2016

Was ist: Rassismus

Wie wir sind, was die Umwelt aus uns macht und wie Ideologen es nutzen

Buchtitel „Rassismus. Die Erfindung von Menschenrassen“Rassismus ist ein Symptom gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Dabei werden Menschen aufgrund weniger äußerer Merkmale und vermuteter genetischer Abstammung als minderwertig eingeordnet.(1)  Der Begriff des Rassismus ist eng verbunden mit dem der Fremdenfeindlichkeit.

Über die psychologischen Grundlagen von Fremdenfeindlichkeit gibt es einen aufschlussreichen Beitrag von dem Angstforscher Borwin Bandelow. (2) Seine Erklärung ist evolutionsgeschichtlich: „Es hat sich früher mal als Überlebensvorteil gezeigt, Fremdenangst zu haben – als wir uns in Stämmen zusammengerottet hatten und jeder mit seinem Stamm zusammengehalten hat. Das heißt, dass die, die gemeinsam andere Stämme bekämpft und geschlagen haben, einen Überlebensvorteil hatten.“

Wenn ich in mich selbst hineinhorche, fallen mir Beispiele dafür ein, dass auch ich Unwillen oder Abneigung gegen fremdländische Menschen empfunden habe. Ich bin in ländlichen Gegenden aufgewachsen, in denen Ausländer selten vorkamen. Griechische oder türkische „Gastarbeiter“ habe ich in meiner Kindheit mit Irritation gesehen, ihre unverständlichen Namen und Sprachen als misstönend empfunden. Aus diesem Impuls des „Angstgehirns“ müssen jedoch nicht Rassismus und Hass entstehen. „Niemand wird geboren, um einen anderen Menschen zu hassen,“ hat Nelson Mandela zu Recht gesagt.

Viele von uns werden aber in ihren Kindheits- und Jugenderinnerungen abfällige Vokabeln oder Erzählungen über „andersartige“ Menschen finden, über „Polacken“, „Neger“, „Juden“, „Schwule“ und so weiter. Es ist also nicht nur die evolutionsgeschichtlich erworbene Abneigung gegen das Fremde, sondern eine Konditionierung durch unsere Umwelt. Die Behauptung rassischer Überlegenheit  beziehungsweise Minderwertigkeit kann nicht evolutionsgeschichtlich erklärt werden. Sie kann nicht nur gegen Fremde, sondern auch gegen Menschen aus der vertrauten Umgebung aufgebaut werden.  Menschen können durch ihre Erziehung und Umwelt nachhaltig zu Rassisten geformt werden.

Racistcampaignposter1 Die evolutionsgeschichtlichen Ursachen und die Einflüsse von Umwelt und Erziehung finden ihre Ergänzung in rassistischer Ideologie. Rassen sind das Ergebnis von Tierzucht (Pferde, Tauben); schon seit dem 19. Jahrhundert gab es aber Versuche, diesen Begriff theoretisch aufwendig auf Menschen anzuwenden.(3) Die Generation unserer Eltern und Großeltern ist mit der Indoktrination durch den nationalsozialistischen Rassenwahn aufgewachsen. Heute schüren rechte Ideologen, politische Bewegungen und Parteien systematisch rassistische Einstellungen. Sie nutzen die Verunsicherung einer ängstlichen Bevölkerung und schon vorher latent oder offen vorhandene rassistische Dispositionen aus. Sie ergänzen diese durch biologistische Behauptungen, „alternative Fakten“ und Verschwörungstheorien. Ein nächster Schritt sind Übergriffe und Anschläge gegen Menschen.

Schwerer greifbar ist dagegen Alltagsrassismus. In einem Interview sagt die Anti-Rassismus-Trainerin Tupoka Ogette:  „Rassismus ist eine Diskriminierungsform von vielen und geht weit über individuelle Beleidigungen hinaus. Ich verstehe Rassismus als Vorurteil plus die Macht, dieses Vorurteil durchzusetzen. Das Vorurteil begründet sich bei Rassismus auf der Annahme, dass Nicht-Weißsein eine unerwünschte Abweichung von der Norm ist und die Norm bedroht, aber auch in ihrer Existenz bestätigt. Und mit Macht meine ich gesellschaftliche Privilegien, zum Beispiel auf dem Bildungsmarkt, auf dem Arbeitsmarkt, im Rechtssystem.“(4)

»Rassismus ist viel alltäglicher, als wir uns eingestehen« – Tupoka Ogette im Gespräch mit Radio WDR 5, Redezeit, 2. Juli 2017, 24:14 min.:

 

Es ist hilfreich, wenn wir uns selbst realistisch sehen und uns eingestehen, dass wir selbst möglicherweise auch nicht frei von fremdenfeindlichen und rassistischen Rückständen sind. Der Chicagoer Psychologe Eckhard Hess fand mithilfe der Pupillometrie heraus, dass sich selbst bei weißen Bürgerrechtlern rassistische Reaktionen nachweisen ließen. Doch wir haben nicht nur ein „Angstgehirn“ und erworbene Prägungen, sondern auch ein „Vernunftgehirn“ und zivilisatorische Werte. Darüber hinaus können sich eventuell bestehende Aversionen auch abbauen – in dem Maße, wie man mit „fremdartigen“ Menschen Erfahrungen macht und damit die Angstkomponente hinter diesen Erfahrungen zurücktritt. „Andersartige“ Menschen verlieren dadurch den Charakter des Fremden.

Ich hatte so gesehen Glück. Ich hatte die Möglichkeit, viel zu reisen. Ich lebe in einer Großstadt, in der man, wenn man es nicht abwehrt, soziale Kontakte mit allen möglichen Menschen hat, zusammen arbeitet, feiert oder Beziehungen schmiedet. Frühe Prägungen habe ich bestimmt nicht vollständig verloren, aber sie treten hinter meinen sozialen Erfahrungen weit in den Hintergrund. Und dann ist da ja auch noch die Sache mit der Vernunft; sie ist eine großartige Ergänzung nicht nur für den manipulativen Verstand, sondern auch für in uns liegende Instinkte. Und die Vernunft bringt auch emotionale Komponenten mit: Vernunft bewirkt, dass wir uns an der Verschiedenheit von Menschen freuen und Rassismus als abscheulich empfinden. Rassismus ist dann das neue Fremde.

Zum Thema:

https://www.spektrum.de/news/rasse-im-grundgesetz-genetisch-gesehen-sind-europaeer-ostafrikaner/1867537#Echobox=1620134926?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

Eddo-Lodge, Reni: Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche, Stuttgart 2019

Was ist Rassismus? Kritische Texte. Hrsg.: Kimmich, Dorothee u.a., Stuttgart 2016 (Reclam)

https://www.deutschlandfunkkultur.de/rassismus-ausstellung-in-dresden-wie-die-menschenrassen.1013.de.html?dram:article_id=418289

Rassismus. Die Erfindung von Menschenrassen. Hg. für das Deutsche Hygiene-Museum von Susanne Wernsing, Christian Geulen und Klaus Vogel. Göttingen 2018

Asumang, Mo: Mo und die Arier. Allein unter Rassisten und Neonazis, Frankfurt 2016

Ogette, Tupoka: exit RACISM. rassismuskritisch denken lernen. Münster 2018

https://www.chbeck.de/geulen-geschichte-rassismus/product/21503

 

 

 

Was ist: Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Die Abwertung von Gruppen: Stereotype, Vorurteile und Diskriminierungen

Der Begriff der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit wurde ursprünglich vom Bielefelder Erziehungswissenschaftler Wilhelm Heitmeyer geprägt. Ich gebe auf dieser Seite einen Überblick über einzelne Elemente des "Syndroms" gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Die meisten Kurzdefinitionen stützen sich auf Wikipedia-Artikel und Definitionen der Amadeu Antonio Stiftung.

Die auf dieser Übersichtsseite dargestellten Elemente gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit werden von Populisten umso ausgiebiger verwendet, je weiter sie „rechts“ zu verorten sind. Das heißt aber nicht, dass im Gegenschluss „linke“ Akteure in jedem Falle frei von diesen Phänomenen seien. Das gilt vor allem für das Phänomen des Antisemitismus.

01 Rassismus

Menschen werden aufgrund weniger äußerer Merkmale und vermuteter genetischer Abstammung als minderwertig eingeordnet; gleichzeitig wird die Gruppe, welche als die eigene definiert wird, als höherwertig eingestuft. Die Attraktivität des Rassismus besteht für den Rassisten in der Aufwertung seines Selbst und der Festigung seiner Identität.

Ein Beispiel für Rassismus ist White Supramacy, eine Ideologie, die eine Überlegenheit der „weißen Rasse“ behauptet. In Deutschland hat 2018 die MeTwo-Debatte Rassismus in der deutschen Gesellschaft mit konkreten Beispielen benannt.

02 Fremdenfeindlichkeit

Fremdenfeindlichkeit (bildungssprachlich Xenophobie) ist eine Einstellung, die Menschen aus einem anderen Kulturkreis, aus einem anderen Volk, aus einer anderen Region oder aus einer anderen Gemeinde aggressiv ablehnt. Begründet wird die Ablehnung mit sozialen, religiösen, ökonomischen, kulturellen oder sprachlichen Unterschieden. In diesen Unterschieden wird eine Bedrohung gesehen. Fremdenfeindlichkeit ist oft eine Erscheinungsform von Nationalismus, Rassismus oder Regionalismus. Sie fördert die Ungleichbehandlung und Benachteiligung von Fremden in der Gesellschaft.

Man mag den Begriff der Fremdenfeindlichkeit im Kontext rechtsextremer Übergriffe als verharmlosend kritisieren, als Sammelbegriff für mehrere Symptome gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit hat er dennoch seine Berechtigung. Laut einer Studie der Universität Leipzig 2018 vertritt fast jeder dritte Deutsche ausländerfeindliche Positionen.

03 Antisemitismus

Antisemitismus bedeutet Abwertung von Menschen jüdischen Glaubens und Herkunft sowie ihrer kulturellen und religiösen Symbole. Die Diskriminierung von Juden basiert zumeist auf Stereotypen. Ein häufiger Vorwurf lautet, Juden nutzten den Holocaust für ihre eigenen Zwecke aus (sekundärer Antisemitismus). Antisemitismus thematisiert vor allem bedrohende „Verschwörungen“ und „Ausbeutungen“, die es abzuwehren gelte. Auch Antizionismus, der sich gegen das Existenzrecht Israels richtet, wird oft als getarnter Antisemitismus beurteilt.

In Deutschland wurden seit 2010 fast 12.000 antisemitische Straftaten erfasst (Stand 2018).

04 Homophobie

Homophobie bezeichnet feindselige Einstellungen gegenüber Homosexuellen. Im Vordergrund steht dabei das von der heterosexuellen Norm abweichende sexuelle Verhalten und Auftreten in der Öffentlichkeit.

Mitte 2017 registrierten die Behörden in Deutschland rund ein Drittel mehr homophobe Attacken als im vorausgegangenen Jahr.

05 Abwertung von Obdachlosen

Obdachlosendiskriminierung bezeichnet die Diskriminierung von Obdachlosen, welche Abwertung, Ausgrenzung und körperliche Gewalt bis zu Mord umfasst.

Jedes Jahr werden in Deutschland Hunderte Obdachlose Opfer von Gewalt. 2017 gab es mindestens 17 Tote. Die Täter sind oft selbst obdachlos – doch es gibt auch viele Übergriffe von Rechtsextremen.

06 Abwertung von Behinderten

Abwertung von Behinderten meint feindselige Einstellungen gegenüber Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung. Diese Einstellungen richten sich gegen die „Normalitätsabweichung“ und die daraus angeblich abgeleiteten Forderungen nach Unterstützung.

Bekannte Beispiele für Behindertenfeindlichkeit sind die Verspottung von behinderten Politikern wie Wolfgang Schäuble oder Malu Dreyer in Deutschland sowie die Nachäffung eines an Arthrogryposis leidenden Journalisten durch Donald Trump.

07 Islamophobie

Als Islamophobie wird die Feindseligkeit gegenüber Muslimen sowie deren kategorische Abwertung und Benachteiligung bezeichnet. Daneben existieren die konkurrierenden Bezeichnungen und Konzepte Islamfeindlichkeit, Muslimenfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus, die unterschiedliche Schwerpunkte und Wertungen bei der Betrachtung des Phänomens setzen.

Das bekanntest Beispiel für Islamfeindlichkeit in Deutschland stellt die Bewegung Pegida dar.

08 Sexismus

Sexismus betont die Unterschiede zwischen den Geschlechtern, wobei die angebliche Überlegenheit des Mannes und feste Rollenzuweisungen an die Frau im Mittelpunkt stehen. Sexismus stellt einen Sonderfall innerhalb der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit dar. Es handelt sich hierbei um die angebliche Ungleichwertigkeit einer Mehrheit der Bevölkerung und nicht, wie bei den anderen Gruppen, einer Minderheit.
Zum Sexismus zählt unter bestimmten Bedingungen auch sexuelle Belästigung.

2017/2018 war die Debatte über Sexismus vor allem durch die MeToo-Bewegung geprägt.

09 Etabliertenvorrechte

Etabliertenvorrechte beziehen sich auf Alteingesessene, gleich welcher Herkunft, die eine Vorrangstellung beanspruchen und anderen gleiche Rechte vorenthalten möchten. Sie verletzen so das Prinzip der Gleichwertigkeit.

10 Abwertung von arbeitslosen

Als Diskriminierung Arbeitsloser, insbesondere Langzeitarbeitsloser, wird eine Form der Diskriminierung betrachtet, die „Menschen nach ihrer vermeintlichen ökonomischen Nützlichkeit“ abstuft. Teilweise diskriminierende Diskurse um Arbeitslose gruppieren sich häufig um Schlagworte oder Aussagen, die eine abwertende Zuschreibung verdichten.

Einen besonderen Höhepunkt erreichten 2005 solche Diskurse in der Broschüre des damaligen Bundeswirtschaftsministers Clement mit dem Titel „Vorrang für die Anständigen – Gegen Missbrauch, ‚Abzocke‘ und Selbstbedienung im Sozialstaat„.

11 Abwertung von Asylbewerbern

Die Feindseligkeit gegenüber Asylsuchenden äußert sich in der öffentlichen Diskussion besonders in der Verwendung von Begriffen wie „Wirtschaftsflüchtlinge“ oder „Asyltourismus“ u. ä., die dazu dienen, Menschen, die einen Antrag auf Asyl stellen, zu diskreditieren.

12 Antiziganismus

Antiziganismus ist ein in Analogie zu „Antisemitismus“ gebildeter Fachbegriff, der eine spezielle Form des Rassismus beschreibt. Er bezeichnet die von Stereotypen, Abneigung und/oder Feindschaft geprägten Einstellungskomplexe gegenüber Roma, Sinti, Fahrenden, Jenischen und andere Personen und Gruppen, die von der Mehrheitsgesellschaft als „Zigeuner“ stigmatisiert werden sowie die durch diese Einstellungen bedingten oder mit bedingten Formen gesellschaftlicher und staatlicher Ausgrenzung, Diskriminierung und Verfolgung bis hin zu Vertreibung, Pogromen, Internierung, Zwangssterilisierung und staatlich organisiertem Völkermord (Porajmos).

Die Einführung des Begriffs der "gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit" hat den praktischen Nutzen, dass hiermit ein Sammelbegriff für all die verschiedenen Formen von Diskriminierung und Ausgrenzung zur Verfügung steht. Der Begriff wurde einerseits von vielen Autoren übernommen; gleichzeitig aber kommt er dennoch schwer über die Lippen, ist er doch schwer eingängig. Reicht es nicht, einfach "Menschenfeindlichkeit" zu sagen? Damit ist die Silbenzahl mehr als halbiert und es fällt leichter, sich den Begriff zu merken und zu verwenden.
Zum Weiterlesen:

Deutsche Zustände – Folge 10, Frankfurt 2012 (edition suhrkamp), Hg.: Wilhelm Heitmeyer

Michael Müller: Gespaltene Mitte – feindselige Zustände? Vorstellung der neuen „Mitte-Studie“ (2016)

Leipziger Autoritarismus-Studie 2018


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