Was ist: Islamismus

Von der Benutzbarkeit der Religion

Der Islamismus mit seiner Betonung von Abgrenzung und Identität ist eine Sonderform rechter autoritärer Ideologie. In der rückwärtsgewandten Projektion und Benutzung religiöser Versatzstücke hat er Gemeinsamkeiten mit der evangelikalen Rechten in den USA. Obwohl islamistische Extremisten unter Muslimen die Minderheit sind, schaffen sie es zeitweise, in der Darstellung dessen, was Islam sein soll, eine Art Lufthoheit zu erlangen. Dazu verhelfen ihnen öffentlichkeitswirksame Auftritte und spektakuläre Gewalttaten. In der Wahrnehmung der Öffentlichkeit ist der Ruf „Allahu akbar الله أَكْبَر“ als Schlachtruf bei Anschlägen auf zivile Menschen bekannt. Dabei handelt es sich eigentlich nur um den „takbir – تَكْبِير“ – die Lobpreisung „Gott ist groß“ im täglichen Gebet.

Was hat der Islamismus mit dem Islam zu tun?

Die große Mehrheit der Geflüchteten und Einwanderer aus muslimischen Ländern ist nicht islamistisch eingestellt, und auch nicht alle Islamisten sind gewaltaffin. Dennoch gibt es zahlreiche Beweise, dass einige Moscheegemeinden Zentren der Radikalisierung und der Rekrutierung junger Menschen für Anschläge auf Menschen sowie den Einsatz als islamistische Krieger waren. Dokumentationen von Predigten in Moscheen sind ernüchternd. Sie zeigen eine deutliche Tendenz, die Gläubigen von der Integration in die liberale demokratische Gesellschaft abzuhalten. Die Aussage, der Islamismus habe nichts mit dem Islam zu tun, ist also definitiv falsch – ebenso falsch wie die Gleichsetzung des Islams mit Islamismus. Zur Rechtfertigung von Gewalttätigkeit und totalitärem Gesellschaftsverständnis berufen sich islamistische Ideologen vor allem auf die medinensischen Suren der Korans, die eine Gemeindebildung unter kriegerischen Bedingungen widerspiegeln und detaillierte Regelungen für die Gestaltung des sozialen Lebens enthalten.

Rückwärtsgewandtheit

Die Gedankengebäude und Begründungen islamistischer Ideologen ähneln stark denen der Neuen Rechten. Es gibt eine Mythenbildung, die sich auf einen angeblich in der Vergangenheit existierenden Idealzustand gründet. Salafisten, eine der in Deutschland bekannteren Gruppierungen, beziehen sich dabei auf einen idealtypischen mittelalterlichen Gesellschaftszustand unter der Ägide der „rechtschaffenen Vorfahren“ (as-salaf-us-sāliḥ السلف الصالح ). Daraus wird ein autoritäres, theokratisches Gesellschaftsmodell abgeleitet, das die Geschäftsordnung der säkularen Gesellschaft bekämpft und Gewalttaten bis hin zu terroristischen Anschlägen rechtfertigt. Menschliches Handeln ist nicht im Diesseits, sondern in Jenseitserwartungen begründet. Auf „Gläubige“, die sich für den kriegerischen Dschihad entscheiden, wartet nach dem Tod eine Art Pornoparadies, mit der Verfügung über 72 Jungfrauen und nie nachlassenden Erektionen. Auch hier besteht eine Verwandtschaft zu anderen totalitären Weltanschauungen: Die Ideologie übt die Verfügungsgewalt über ihre Anhänger aus, indem sie die Übermacht absurder Behauptung über rationale Welterfahrung demonstriert.

Wozu dient Glaubenskampf?

Es gibt weichgespülte Sichtweisen des Islams, die sich vor allem auf die mekkanischen Suren beziehen. Der Rückzug auf diese Interpretationen ist genauso wenig hilfreich wie die Rechtfertigung von Islamophobie mit Verweis auf die gewalttätigen Aspekte. Noch fragwürdiger sind Versuche, den Islam durch theologische Vergleiche mit dem Christentum und anderen Religionen zu diskreditieren. Sinnvoller ist die Erkenntnis, dass alle Religionen als Rechtfertigung für mörderische Gewalt dienen können. Ist Völkermord im Namen des Christentums, des Marxismus-Leninismus oder des Buddhismus freundlicher zu beurteilen als Terror und Kriege im Namen des Islam? Solche Betrachtungen sind rein glaubenskämpferisch und richten sich gegen den Geist einer säkularisierten Gesellschaft, die allen Religionen Respekt und Schutz zusichert, ihnen aber gleichzeitig die Grenzen vorgibt, nämlich die säkulare Staatsordnung mit ihrer Verfassung, dem Bürgerlichen Gesetzbuch und dem Strafrecht.

Was tun?

Für die Auseinandersetzung mit dem Islamismus in unserer Gesellschaft heißt das: Die Gesetze des Landes sind konsequent anzuwenden, wenn nötig mit der Hilfe von Geheimdiensten, Polizei und Justiz. Falsch verstandene Liberalität hilft hier nicht weiter. Was hindert die deutschen Behörden daran, Einwanderer nicht nur anhand ihrer Sprachkompetenz, sondern auch anhand ihres Wissens über die säkulare Geschäftsordnung des Staates zu bewerten? Andererseits sind Anhänger islamistischer Ideologie auch Menschen, mit denen wir zusammenleben. Hier entstehen auch Gespräch und geistige Auseinandersetzung, und davon soll man sich nicht durch dumpfe Islamophobie abhalten lassen. Selbst wenn man dabei auf Grenzen stößt: Nach meiner persönlichen Erfahrung ist die Chance, einem islamistisch gesinnten Mitbürger den Antisemitismus auszureden, in etwas so groß wie die Aussicht, einen rechtsradikalen Holocaustleugner zur Anerkennung historischer Fakten zu bewegen. Damit bin ich wieder beim Ausgangspunkt meines Artikels: Rechtsradikale und Islamisten sind Brüder im Geiste, mögen sich ihre Narrative auch unterscheiden. Und ja: Wir müssen natürlich den von mir gepriesenen säkularen Geist der Gesellschaftsordnung verteidigen und stärken. Es ist erst einige Monate her, dass ein Ministerpräsident medienwirksam in einer Landesbehörde mit einem Kreuz in der Hand herumsprang – und dennoch in der Folge bei Wahlen in seinem Amt bestätigt wurde. Da werden in unserem Land politische Ämter ausgeübt von Leuten, die nach meinem Dafürhalten nicht die Kriterien für Einwanderung geschweige denn für eine Einbürgerung erfüllen würden. Von einer säkularen politischen Leitkultur sind wir in Deutschland noch ein gutes Stück entfernt.


Zum Thema:

https://www.tagesspiegel.de/politik/radikaler-islam-und-verfall-der-demokratie-die-muslimischen-laender-rutschen-immer-tiefer-in-die-krise/25547282.html?utm_source=pocket-newtab

https://www.zeit.de/2018/16/constantin-schreiber-moscheereport-kritik/komplettansicht

Vorwärts und nicht vergessen. Islamismus und Gesellschaft. https://vunv1863.wordpress.com/

https://www.zeit.de/2016/15/boualem-sansal-das-ende-der-welt-2084-islamismus

https://jungle.world/artikel/2019/01/rassistische-islamkritik-ist-ein-widerspruch?page=all

https://islamfatwa.de/glossar/75-salaf-salih

https://de.wikipedia.org/wiki/Taharrusch_dschama’i

https://a3wsaar.de/fileadmin/user_upload/flugschrift/FS_Islamismus_2018_Titel_II_taz_1_11_18_a3w_30J_Titel_I_201212.pdf

https://www.lemonde.fr/idees/article/2016/02/11/les-fantasmes-de-kamel-daoud_4863096_3232.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Islamismus

https://de.wikipedia.org/wiki/Islamismus#Salafismus

https://www.lemonde.fr/idees/article/2016/01/31/cologne-lieu-de-fantasmes_4856694_3232.html

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/islam-und-koerper-das-sexuelle-elend-der-arabischen-welt-14075502.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0

https://www.vielfalt-mediathek.de/data/idz_islamismus_rechtsextremismus_vielfalt_mediathek.pdf

 

Was ist: Islamophobie

Anti-IslamismIslamophobie zählt zu den Phänomenen Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.

Definition

Als Islamophobie bezeichnet man die Feindseligkeit gegenüber Menschen, die als „Moslems“ eingestuft werden, sowie deren kategorische Abwertung und Benachteiligung. Daneben existieren die konkurrierenden Bezeichnungen und Konzepte Islamfeindlichkeit, Muslim(en)feindlichkeit und antimuslimischer Rassismus, die unterschiedliche Schwerpunkte und Wertungen bei der Betrachtung des Phänomens setzen.

Abgrenzung zu Islamkritik

Ich verwende den Begriff Islamophobie, weil er in diesem Themenfeld der etablierteste Begriff ist. Nicht gemeint ist hier Islamkritik im Sinne von Religionskritik, die an Grundlagen, an kulturellen Traditionen und sozialen Normen des Islams geübt wird. Islamkritik ist vollkommen legitim – wie auch zum Beispiel Kritik am Christentum oder am Marxismus. In einer liberalen pluralistischen Demokratie ist die Kritik an Religion genauso schützenswert wie die Ausübung von Religion.

Wenn aber in den Medien die islamophobe Äußerungen als „islamkritisch“ bezeichnet werden, so ist dies irreführend, denn geht es dabei nicht um die kritische Beschäftigung mit Religion, sondern darum, mithilfe des Feindbildes „Islam“ Angst, Hass und Vorurteile gegen Menschen zu schüren.

Islamophobie in Deutschland:

Seit Beginn des neuen Jahrtausends haben in Deutschland Publikationen und Organisationen großen Anklang gefunden, die sich – oft in obsessiver Weise – dem Kampf gegen eine vermeintliche Islamisierung Deutschlands und Europas widmen. Unter den Online-Alternativmedien ist hier vor allem der Blog „Politically Incorrect“ hervorzuheben, der seit Jahren kontinuierlich hohe Klickzahlen aufweisen kann.

Thilo Sarrazin - Deutschland schafft sich ab. Cover.pngSeit dem Jahr 2010 hat der Bestsellerautor Thilo Sarrazin  mit einer Reihe muslimfeindlicher Veröffentlichungen ein großes Publikum gefunden. Seine Grundthese ist, dass der Islam den Fortschritt behindere und die gesellschaftliche Entwicklung bedrohe. Um seine Thesen zu stützen, trägt er in seinen Büchern aufwendig „Fakten“ und Statistiken zusammen und wirft sich in die Pose eines Verkünders unerwünschter Wahrheiten.

Hatte sich in den achtziger und neunziger Jahren Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit noch überwiegend als „Ausländerfeindlichkeit“ manifestiert, so wurden die Ressentiments nun auf Menschen mit Herkunft aus muslimischen Ländern gelenkt. Die Folge ist, dass viele dieser Menschen, auch diejenigen, die sich bislang eher als Deutsche verstanden, wieder mehr in die Communities zurückweichen. Besorgte „Experten“ können sich bestätigt fühlen und auf die Tendenz zu Parallelgesellschaften verweisen.

PEGIDA Demo DRESDEN 25 Jan 2015 116227104Ab 2014 hat von Dresden ausgehend  die rechtspopulistische Pegida-Organisation  bundesweit großes Echo und in einigen deutschen Städten örtliche Nachahmer gefunden.

 

AfD-Logo-2017Die mit Abstand erfolgreichste rechte Partei in der Bundesrepublik ist die AfD. Sie entstand unter dem Zeichen des Protests gegen die Eurorettung, verwandelte sich dann aber schnell in eine Anti-Immigrationspartei, die mit dem Schüren von Vorurteilen Ängste schürt und Stimmung gegen „den Islam“ macht. Um in der öffentlichen Diskussion präsent zu bleiben, nutzt die AfD gezielt das Mittel der verbalen Provokation („Burkas, Kopftuchmädchen und alimentierte Messermänner“).

Gegen wen richtet sich Islamophobie?

Islamophobie ist eines der Symptome Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Es geht dabei um das Aussondern einer Gruppe von Menschen nach bestimmten Merkmalen, um diese zu diskriminieren und gegen sie Stimmung zu machen. Betroffen wären laut amtlichen Statistiken circa 3,8 bis 4,3 Millionen Muslime.  Man kann aber davon ausgehen, dass von den Einwanderern aus muslimischen Ländern und deren Nachkommen möglicherweise nur circa die Hälfte tatsächlich praktizierende Muslime sind. Islamophobie macht diesen Unterschied nicht. Es geht um Aversion und auch Hetze gegen Menschen, die aus verschiedenen Gründen zum Islam in Bezug gesetzt werden, sei es wegen der Religion, der kulturellen Identität oder schlicht der Herkunft. In besonderem Maße sind Frauen Zielscheibe islamophoben Verhaltens, da sie durch ihre Kleidung leichter als „andersartig“ zu identifizieren sind. Symbolischen Wert erhalten in der Öffentlichkeit Kampagnen gegen Moscheen und Minarette.

Um zur Zielscheibe islamophober Angriffe zu werden, muss man nicht Moslem sein, wie sich am Beispiel der Journalistin Dunja Hayali zeigt. Hayali ist Deutsche und Christin, die Eltern waren aus dem Irak eingewandert.  Die Hassbotschaften, die sie ständig erhält, beinhalten die ganze Bandbreite von Beschimpfungen gegen Muslimas. (s. Link S. 35 ff.)

Islamophobie und Antisemitismus

Extreme Rechte sind in der Regel gleichermaßen islamophob und antisemitisch. Manche Vertreter islamophober Strömungen behaupten aber neuerdings parallel zu ihrer Agitation gegen „Islamisierung“ eine besondere Parteinahme für Juden und den Staat Israel. Dabei ähneln sich Diskriminierungsstrategien gegen Juden und „Moslems“ teilweise aber sehr, wie zum Beispiel das kollektive Verantwortlichmachen für Handlungen von Staaten, Interessengruppen oder Individuen. Die  vorgeschobene Juden- und Israelfreundlichkeit von Rechtspopulisten kann in der Regel bei näherer Prüfung leicht als substanzlos oder rein instrumentell entlarvt werden. Auch die Berufung konservativer Politiker auf eine angebliche „jüdisch-christliche“ Tradition Europas muss als ein propagandistischer Kunstgriff gewertet werden. Wo die „jüdisch-christlichen“ Werte Europas bemüht werden, wird den Muslimen in Europa signalisiert, dass sie nicht dazu gehören (s. Link S. 49) – so wie auch das „christliche Abendland“ in der Vergangenheit immer darauf bestanden hat, dass die Juden nicht dazugehören.


Zum Thema:

https://www.vielfalt-mediathek.de/mediathek/6109/antimuslimischer-rassismus-ursachen-und-erscheinungsformen.html

http://www.bpb.de/politik/extremismus/rechtsextremismus/180774/islamfeindlichkeit-islamophobie-islamkritik-ein-wegweiser-durch-den-begriffsdschungel

Muslimfeindlichkeit begegnen. Ein Infofilm zu Muslim- und Islamfeindlichkeit (Bundeszentrale für politische Bildung)

http://www.bpb.de/lernen/projekte/270414/verschwoerungstheorie-islamisierung Verschwörungstheorie „Islamisierung“

Krüger, Karen: Eine Reise durch das islamische Deutschland, Berlin 2016

Was ist: Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit

Die Abwertung von Gruppen: Stereotype, Vorurteile und Diskriminierungen

Der Begriff der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit wurde ursprünglich vom Bielefelder Erziehungswissenschaftler Wilhelm Heitmeyer geprägt. Ich gebe auf dieser Seite einen Überblick über einzelne Elemente des "Syndroms" gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Die meisten Kurzdefinitionen stützen sich auf Wikipedia-Artikel und Definitionen der Amadeu Antonio Stiftung.

Die auf dieser Übersichtsseite dargestellten Elemente gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit werden von Populisten umso ausgiebiger verwendet, je weiter sie „rechts“ zu verorten sind. Das heißt aber nicht, dass im Gegenschluss „linke“ Akteure in jedem Falle frei von diesen Phänomenen seien. Das gilt vor allem für das Phänomen des Antisemitismus.

01 Rassismus

Menschen werden aufgrund weniger äußerer Merkmale und vermuteter genetischer Abstammung als minderwertig eingeordnet; gleichzeitig wird die Gruppe, welche als die eigene definiert wird, als höherwertig eingestuft. Die Attraktivität des Rassismus besteht für den Rassisten in der Aufwertung seines Selbst und der Festigung seiner Identität.

Ein Beispiel für Rassismus ist White Supramacy, eine Ideologie, die eine Überlegenheit der „weißen Rasse“ behauptet. In Deutschland hat 2018 die MeTwo-Debatte Rassismus in der deutschen Gesellschaft mit konkreten Beispielen benannt.

02 Fremdenfeindlichkeit

Fremdenfeindlichkeit (bildungssprachlich Xenophobie) ist eine Einstellung, die Menschen aus einem anderen Kulturkreis, aus einem anderen Volk, aus einer anderen Region oder aus einer anderen Gemeinde aggressiv ablehnt. Begründet wird die Ablehnung mit sozialen, religiösen, ökonomischen, kulturellen oder sprachlichen Unterschieden. In diesen Unterschieden wird eine Bedrohung gesehen. Fremdenfeindlichkeit ist oft eine Erscheinungsform von Nationalismus, Rassismus oder Regionalismus. Sie fördert die Ungleichbehandlung und Benachteiligung von Fremden in der Gesellschaft.

Man mag den Begriff der Fremdenfeindlichkeit im Kontext rechtsextremer Übergriffe als verharmlosend kritisieren, als Sammelbegriff für mehrere Symptome gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit hat er dennoch seine Berechtigung. Laut einer Studie der Universität Leipzig 2018 vertritt fast jeder dritte Deutsche ausländerfeindliche Positionen.

03 Antisemitismus

Antisemitismus bedeutet Abwertung von Menschen jüdischen Glaubens und Herkunft sowie ihrer kulturellen und religiösen Symbole. Die Diskriminierung von Juden basiert zumeist auf Stereotypen. Ein häufiger Vorwurf lautet, Juden nutzten den Holocaust für ihre eigenen Zwecke aus (sekundärer Antisemitismus). Antisemitismus thematisiert vor allem bedrohende „Verschwörungen“ und „Ausbeutungen“, die es abzuwehren gelte. Auch Antizionismus, der sich gegen das Existenzrecht Israels richtet, wird oft als getarnter Antisemitismus beurteilt.

In Deutschland wurden seit 2010 fast 12.000 antisemitische Straftaten erfasst (Stand 2018).

04 Homophobie

Homophobie bezeichnet feindselige Einstellungen gegenüber Homosexuellen. Im Vordergrund steht dabei das von der heterosexuellen Norm abweichende sexuelle Verhalten und Auftreten in der Öffentlichkeit.

Mitte 2017 registrierten die Behörden in Deutschland rund ein Drittel mehr homophobe Attacken als im vorausgegangenen Jahr.

05 Abwertung von Obdachlosen

Obdachlosendiskriminierung bezeichnet die Diskriminierung von Obdachlosen, welche Abwertung, Ausgrenzung und körperliche Gewalt bis zu Mord umfasst.

Jedes Jahr werden in Deutschland Hunderte Obdachlose Opfer von Gewalt. 2017 gab es mindestens 17 Tote. Die Täter sind oft selbst obdachlos – doch es gibt auch viele Übergriffe von Rechtsextremen.

06 Abwertung von Behinderten

Abwertung von Behinderten meint feindselige Einstellungen gegenüber Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung. Diese Einstellungen richten sich gegen die „Normalitätsabweichung“ und die daraus angeblich abgeleiteten Forderungen nach Unterstützung.

Bekannte Beispiele für Behindertenfeindlichkeit sind die Verspottung von behinderten Politikern wie Wolfgang Schäuble oder Malu Dreyer in Deutschland sowie die Nachäffung eines an Arthrogryposis leidenden Journalisten durch Donald Trump.

07 Islamophobie

Als Islamophobie wird die Feindseligkeit gegenüber Muslimen sowie deren kategorische Abwertung und Benachteiligung bezeichnet. Daneben existieren die konkurrierenden Bezeichnungen und Konzepte Islamfeindlichkeit, Muslimenfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus, die unterschiedliche Schwerpunkte und Wertungen bei der Betrachtung des Phänomens setzen.

Das bekanntest Beispiel für Islamfeindlichkeit in Deutschland stellt die Bewegung Pegida dar.

08 Sexismus

Sexismus betont die Unterschiede zwischen den Geschlechtern, wobei die angebliche Überlegenheit des Mannes und feste Rollenzuweisungen an die Frau im Mittelpunkt stehen. Sexismus stellt einen Sonderfall innerhalb der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit dar. Es handelt sich hierbei um die angebliche Ungleichwertigkeit einer Mehrheit der Bevölkerung und nicht, wie bei den anderen Gruppen, einer Minderheit.
Zum Sexismus zählt unter bestimmten Bedingungen auch sexuelle Belästigung.

2017/2018 war die Debatte über Sexismus vor allem durch die MeToo-Bewegung geprägt.

09 Etabliertenvorrechte

Etabliertenvorrechte beziehen sich auf Alteingesessene, gleich welcher Herkunft, die eine Vorrangstellung beanspruchen und anderen gleiche Rechte vorenthalten möchten. Sie verletzen so das Prinzip der Gleichwertigkeit.

10 Abwertung von arbeitslosen

Als Diskriminierung Arbeitsloser, insbesondere Langzeitarbeitsloser, wird eine Form der Diskriminierung betrachtet, die „Menschen nach ihrer vermeintlichen ökonomischen Nützlichkeit“ abstuft. Teilweise diskriminierende Diskurse um Arbeitslose gruppieren sich häufig um Schlagworte oder Aussagen, die eine abwertende Zuschreibung verdichten.

Einen besonderen Höhepunkt erreichten 2005 solche Diskurse in der Broschüre des damaligen Bundeswirtschaftsministers Clement mit dem Titel „Vorrang für die Anständigen – Gegen Missbrauch, ‚Abzocke‘ und Selbstbedienung im Sozialstaat„.

11 Abwertung von Asylbewerbern

Die Feindseligkeit gegenüber Asylsuchenden äußert sich in der öffentlichen Diskussion besonders in der Verwendung von Begriffen wie „Wirtschaftsflüchtlinge“ oder „Asyltourismus“ u. ä., die dazu dienen, Menschen, die einen Antrag auf Asyl stellen, zu diskreditieren.

12 Antiziganismus

Antiziganismus ist ein in Analogie zu „Antisemitismus“ gebildeter Fachbegriff, der eine spezielle Form des Rassismus beschreibt. Er bezeichnet die von Stereotypen, Abneigung und/oder Feindschaft geprägten Einstellungskomplexe gegenüber Roma, Sinti, Fahrenden, Jenischen und andere Personen und Gruppen, die von der Mehrheitsgesellschaft als „Zigeuner“ stigmatisiert werden sowie die durch diese Einstellungen bedingten oder mit bedingten Formen gesellschaftlicher und staatlicher Ausgrenzung, Diskriminierung und Verfolgung bis hin zu Vertreibung, Pogromen, Internierung, Zwangssterilisierung und staatlich organisiertem Völkermord (Porajmos).

Die Einführung des Begriffs der "gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit" hat den praktischen Nutzen, dass hiermit ein Sammelbegriff für all die verschiedenen Formen von Diskriminierung und Ausgrenzung zur Verfügung steht. Der Begriff wurde einerseits von vielen Autoren übernommen; gleichzeitig aber kommt er dennoch schwer über die Lippen, ist er doch schwer eingängig. Reicht es nicht, einfach "Menschenfeindlichkeit" zu sagen? Damit ist die Silbenzahl mehr als halbiert und es fällt leichter, sich den Begriff zu merken und zu verwenden.
Zum Weiterlesen:

Deutsche Zustände – Folge 10, Frankfurt 2012 (edition suhrkamp), Hg.: Wilhelm Heitmeyer

Michael Müller: Gespaltene Mitte – feindselige Zustände? Vorstellung der neuen „Mitte-Studie“ (2016)

Leipziger Autoritarismus-Studie 2018


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Antiaufklärung: Populistische Alternativmedien

Der Boulevard der Gegenpropaganda

Die Bezeichnungen "alternative Medien" oder "Alternativmedien" unterliegen mehr und mehr einer Bedeutungsverschiebung (vergleichbar dem Ausdruck "besorgte Bürger"). Es handelt sich häufig um Blogs und Videokanäle, die sich als „Gegenpropaganda“ verstehen (antiamerikanisch, russlandfreundlich, oft angereichert mit Verschwörungstheorien). Linke und rechte Alternativmedien greifen auf ähnliche Erklärungsmuster zu und führen einen vergleichbaren populistischen Kampf gegen die "Eliten"; teilweise stehen sie auch in einem regen Austausch von Theorien, Texten, Videos und Referenten, lehnen es aber zuweilen auch empört ab, miteinander in Verbindung gebracht zu werden (Querfront-Vorwurf). 

Teil der Szene ist auch eine ganze Reihe von Esoterik-Medien, die mit den linken und vor allem aber den rechten Plattformen vielfältige Verschwörungstheorien teilen. Diese Medien habe ich weitestgehend ausgespart.

Gemeinsam ist all diesen Medien das Heischen nach Aufmerksamkeit um jeden (?) Preis: Die Währung des Internets ist nämlich die Aufmerksamkeit. Im Wettstreit um Aufmerksamkeit müssen sich die Postings an sprachlicher Härte, an skandalisierendem Ton und an Aggressivität überbieten, so formuliert es Wolfgang Lieb in seinem Blog.

Hier der Versuch einer Auflistung populistischer Alternativmedien - von eher links (oben) zu eher rechts (unten). Die Reihenfolge mag nicht in allen Fällen stimmig sein - für eine genaue Einordnung müsste ich es mir zumuten, die angegebenen Quellen häufiger zu anzuschauen. In vielen Fällen ist diese Unterscheidung wohl auch nicht relevant.
nachdenkseiten.de
https://www.rubikon.news
www.nachrichtenspiegel.de/
https://weltnetz.tv
https://kenfm.de
http://www.free21.org
https://deutsch.rt.com/
https://de.sputniknews.com/
https://publikumskonferenz.de/blog/author/maren/
https://nuoviso.tv
http://www.nrhz.de/flyer/
https://www.geolitico.de
https://propagandaschau.wordpress.com/
https://kopp-report.de
www.wissensmanufaktur.net
https://philosophia-perennis.com/
http://www.geolitico.de/
https://www.compact-online.de/
Anonymous.Kollektiv
http://www.anonymousnews.ru
https://volksbetrugpunktnet.wordpress.com
http://willkommen-in-der-realitaet.blogspot.de/
https://pegidaoffiziell.wordpress.com/
https://www.klagemauer.tv/index.php?a=showstart&lpage=false
http://www.pi-news.net/
http://www.truth24.net
https://arrangement-group.de/

Die oben stehenden Infos („Internetadressen“) sind teilweise übernommen aus dem Blog der Republik. Dessen Betreiber, Wolfgang Lieb, legt großen Wert darauf, zwischen „links“ und „rechts“ zu differenzieren. Wenn ich es eher vorziehe, „alles in einen Topf zu werfen“, dann liegt es daran, dass mich vor allem das Gemeinsame an der Wirkungsweise populistischer Medien interessiert.