Auschwitz in der Oper
Kann man, darf man Auschwitz zum Gegenstand einer Oper machen? Die Oper „Die Passagierin“ von Mieczysław Weinberg geht das Thema aus der Täterperspektive an: Die ehemalige KZ-Aufseherin Lisa glaubt 15 Jahre nach Kriegsende auf dem Schiff den früheren weiblichen Häftling Martha (in einer anderen Passagierin) zu erkennen. Die Szenen finden abwechselnd auf dem Schiff und in Auschwitz statt, die Schlussszene am Heimatfluss Marthas. (Wikipedia).
Die Handlung der Oper und ihre Dialoge finden ihre Entsprechung in der Kompositionstechnik: Mit Mitteln der Zwölftonmusik findet Weinberg für das Thema und die Konflikte der Oper einen angemessenen, intensiven Ausdruck. Er versetzt diese Musik mit Zitaten aus populären Melodien, die auf die Instrumentalisierung von Musik durch die SS in den Konzentrationslagern verweisen.
Die Oper wurde wohl schon 1968 fertiggestellt, aber erst 2006 in Moskau uraufgeführt. Seit gut einem Jahrzehnt hat sie den Weg auf eine Reihe deutschsprachiger Bühnen gefunden. Aktuell (19. April 2025 – 9. Dezember 2025) läuft die Produktion am Theater Krefeld-Mönchengladbach.
Mieczysław Weinberg
Mieczysław Weinberg (1919- 1996) war ein polnisch-sowjetischer Komponist. Als polnischer Jude war er vor den Nazis in die Sowjetunion geflüchtet. Dort lebte er in ständiger Furcht vor der stalinistischen Geheimpolizei. Von großer Bedeutung waren für ihn die Freundschaft und der künstlerische Austausch mit dem ebenfalls drangsalierten Dmitri Schostakowitsch, der sich auch für Weinberg einsetzte, als dieser 1953 inhaftiert wurde. Es war auch Schostakowitsch, der als erster auf die Eignung des Buches „Pasażerka“ (1962) von Zofia Posmysz als Stoff für eine Oper aufmerksam wurde.
Weinberg hat ein umfangreiches Werk hinterlassen: Bühnenwerke, Sinfonien und andere Orchesterwerke, sowie Kammermusik, Klavierstücke und Filmmusik. „Die Passagierin“ gilt jedoch als Weinbergs Hauptwerk.
Zofia Posmysz
Zofia Posmysz (1923 – 2022) war eine polnische Widerstandskämpferin, KZ-Überlebende, Redakteurin und Autorin.
“Die Passagierin” basiert auf ihrem autobiografischen und gleichnamigen Roman aus dem Jahr 1962. Um dem Librettisten Alexandr Medwedjew einen realistischen Eindruck von dem Lagerleben zu vermitteln, besuchte sie mit ihm das Konzentrationslager Auschwitz.
Theater Krefeld-Mönchengladbach
Die Theater Krefeld und Mönchengladbach gGmbH ist ein Zusammenschluss der ehemals städtischen Theater von Krefeld und Mönchengladbach. Es ist ein Vierspartenhaus: Schauspiel, Musiktheater, Ballett und Konzerte der Niederrheinischen Sinfoniker gehören zum Programm.
Seit ich vor anderthalb Jahrzehnten meine Leidenschaft für die Oper entdeckte, fahre ich jedes Jahr ein bis zwei Mal nach Krefeld oder nach Rheydt, weil ich die handwerklich guten, eher werknahen Produktionen sehr schätze. Selbst schwierige Opern wie „Les contes d’Hoffmann“ oder „Dialogues des Carmélites“ werden bravourös gemeistert. „Die Passagierin“ von Weinberg habe ich im Juni 2025 in Krefeld gesehen und war sehr beeindruckt. Bevor das Stück vom Spielplan verschwindet, werde ich es noch einmal anschauen.
Die Passagierin (Oper) – Wikipedia
https://zeitschrift-osteuropa.de/hefte/2010/7/die-passagierin/